Recruiting-Königin – so fühle ich mich, wenn es uns gelingt, den perfekt passenden Kandidaten für wenig renommierte Unternehmen an „schwierigen“ Standorten erfolgreich zu besetzen. Dann weiß ich, dass wir mit unseren Kunden und Kandidaten einen meisterhaften Prozess hingelegt haben.
Warum will kein Ingenieur in den Westerwald?
Wie schwierig bis unmöglich es für einige Unternehmen „im Niemandsland“ ist, habe ich lebhaft erfahren, als ein voriger Arbeitgeber meines Bruders mich um Unterstützung bat.
Nennen wir ihn Herr M., der eine mittelständische Baufirma mitten im Westerwald führt. Er hatte innovative Ideen für die Weiterentwicklung seines Unternehmens, dazu volle Auftragsbücher mit interessanten Projekten für renommierte Auftraggeber.
Es ging um die Besetzung eines Bau-Ingenieurs. Weder hatte er eine Personalabteilung, noch hatte er von Recruiting eine große Ahnung. Eine teuer geschaltete Anzeige brachte nichts. Es herrschte große Ratlosigkeit, warum er einfach keinen Ingenieur finden konnte – und wie er es anstellen könnte.
Nach einem langen Gespräch wusste ich, dass ich Herrn M. nicht helfen kann – leider. Die Gründe:
- Hohe Anspruchshaltung. Es sollte unbedingt ein erfahrener Ingenieur sein. Ein jüngerer Ingenieur oder ein Bautechniker reiche nicht. Von den Aufgaben her hätte das vielleicht schon gereicht, jedoch wollte der Herr M. unbedingt endlich einmal einen gestandenen Ingenieur einstellen. Eine Frau hätte es übrigens auch lieber nicht sein sollen, ein Ausländer nur im Notfall (sic!).
- Zu niedriges Gehalt: Herr M. hatte eine Gehaltsvorstellung, die knapp über dem Gehalt eines Bautechnikers lag. Konkret: für einen Ingenieur hätte er rund 25.000 EUR aufs Jahresgehalt drauflegen müssen. Das wollte er nicht.
- Keine Unterstützung beim Umzug: natürlich hätte es auch ein Bau-Ingenieur von außerhalb sein können – aber bei der Wohnungssuche unterstützen wollte er nicht, das wäre zu viel Aufwand. Und ein finanzieller Beitrag sei auch nicht drin.
- Netzwerken nicht gewünscht: Herr M. hatte eine Aversion gegen Xing, LinkedIn – Facebook sowieso. Dass er selbst dort mit potenziellen Arbeitnehmern interagieren könnte, war ihm zu viel Arbeit.
Sie ahnen es – ich habe den Auftrag abgelehnt. Denn mit dieser Einstellung und diesen Kriterien hat Herr M. einen potenziellen Pool an Kandidaten auf Null geschrumpft. Es wäre ein unrealistisch großes Wunder gewesen, wenn ich einen Kandidaten hätte finden können, der darauf passt und der sich für das Unternehmen interessiert hätte.
Vielleicht haben Sie gerade gelacht, denn bei Ihnen klappt es besser? Falls nicht, woran liegt es bei Ihnen?
Hinderungsgründe eliminieren
Stellen Sie sich selbst kein Bein beim Recruiting! Dies sind aus meiner langjährigen Erfahrung die größten Hürden, die man sich selbst im Recruiting aufbaut:
- Sichtbarkeit und Erreichbarkeit: Sind Sie und Ihr Unternehmen gut sichtbar und als potenzieller Arbeitgeber erkennbar? Ist Ihre Webseite halbwegs aktuell, mobil optimiert, sind freie Stellen einfach auffindbar? Kann man im Unternehmen telefonisch und per Mail einen Ansprechpartner erreichen?
- Reaktionsgeschwindigkeit: Bewerber sind heute üblicherweise nur noch ø 18 Tage frei auf dem Arbeitsmarkt verfügbar. Wer länger als 3 Tage braucht, um eine eingehende Bewerbung zu sichten und zu beantworten, hat verloren. Denn andere sind einfach schneller, haben reagiert, den Kontakt aufgenommen und ein Angebot erstellt!
Tipp: Bewerbungen haben Priorität und es wird innerhalb von 24h entschieden, ob ein Telefonat und Kennenlernen Sinn macht – oder ob eine Absage erteilt werden soll
- Gehalt: Prüfen Sie genau, ob Ihre Gehaltsvorstellung noch marktgerecht ist. Meine Erfahrung zeigt, dass viele Unternehmer nicht wissen, wie aktuelle durchschnittliche Jahresgehälter in den einzelnen Jobs aussehen. Oder wollen Sie stolz ein zu niedriges Gehalt anbieten, um eine Ablehnung zu erhalten?
Tipp: Gehaltsspiegel durchforsten!
- Stellenprofil: Manche Stellenprofile sind so umfangreicht, dass nur die eierlegende Wollmilch-Sau mit Doktor-Titel passen würde. Andere Anforderungen sind veraltet und passen vielleicht zu 1989, jedoch nicht mehr ins Jahr 2021 (PC-Kenntnisse sind bei fast allen Berufen heute wirklich selbstverständlich!)
Tipp: Stellenprofil überarbeiten und entstauben!
- Mangelnde Flexibilität: Gesucht sind Ingenieure– es bewerben sich jedoch nur Techniker. Also eigentlich nur „die Ebene drunter“.
Tipp: Schauen Sie genauer auf Erfahrung und Potenzial. Vielleicht ist der Unterschied im Know-How gar nicht so groß?
Recruiting, Employer Branding & Talent Akquisition
Sie haben eine gut aufgestellte Personalabteilung? Die Kollegen hätten Ideen und Ressourcen? Herzlichen Glückwunsch! Planen Sie etwas Budget für Recruiting und Employer Branding. Und lassen Sie sich anhand von Praxis-Beispielen inspirieren. Schauen Sie, wie andere Unternehmen das Recruiting strategisch und operativ angehen, um gezielt die passenden Talente anzuziehen.
Die Beiträge von Martin König, Senior Director HR von Infineon in Warstein (!) kann ich an dieser Stelle empfehlen. Ich habe ihn 2019 im Rahmen TalentPro in München erlebt, und schätze seine sehr praxisorientierten umsetzbaren Ideen und Maßnahmen sehr.
Warum wir Ihnen ideal helfen können
Ihre Firma sitzt in der Provinz, Sie haben keine Personalabteilung, möchten aber schnell eine Stelle besetzen? Dann sind wir Ihre idealen Sparringspartner. Denn wir kommen selber „vom Land“ und wissen, wie wir die Vorzüge der ländlichen Regionen benennen und vermarkten können. Dazu wissen wir sehr genau, welche Personen sowohl zum Unternehmen als auch zur Location passen – und vor allem: wie wir diese finden und überzeugen können. Mail genügt!
Über die Autorin
Viktoria A. Balensiefen ist seit fast 15 Jahren in der Personalberatung von Fach- und Führungskräften tätig. Menschen zusammen zu bringen, um gemeinsam Größeres zu schaffen, ist ihre Leidenschaft. Als Betriebswirtin mit Ingenieurstudium hat sie ein Auge auf Zahlen und Prozesse – und ein großes Faible für produzierende Unternehmen. Sie ist Geschäftsführerin der ideale Personalberatung GmbH in Bonn.